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Rektoren fordern Notprogramm für Unis

1 Oktober 2004 Keine Kommentare

Quelle: DER STANDARD, 14.10.2004, Seite 8, Inland

Hundert Millionen Euro Soforthilfe für dringend notwendige Geräteinvestitionen fordern die Rek- toren für die Unis. Ohne moderne Infrastruktur sei man nicht konkurrenzfähig. Die Finanzkrise ist für Uni-Expertin Pellert auch ein Signal, dass die “Frage des Hochschulzugangs virulent wird”.

Lisa Nimmervoll

Wien – Mit einem Hilferuf wandten sich die Rektoren der österreichischen Universitäten am Mittwoch an die Regierung. Sie fordern ein sofortiges “Notprogramm” für die Unis. Und zwar “rasch”, also in den nächsten ein bis zwei Jahren, sagte Rektorenchef Georg Winckler von der Universität Wien.

Hundert Millionen Euro Soforthilfe sei notwendig, um dringend benötigte Geräte neu anzuschaffen oder auf den jüngsten Stand zu bringen, heißt es in einer Resolution der Rektoren. Nur so könne man weiterhin international konkurrenzfähig bleiben, warnen die Universitätschefs.

Im am Mittwoch vorgestellten Budget 2005 sind übrigens keine eigenen Mittel für Geräteinvestitionen an den Unis vorgesehen. Im Bildungsministerium verwies man dafür auf die Forschungssondermittel der Regierung, die im kommenden Jahr insgesamt 200 Millionen Euro betragen.

An der Uni Graz streckt man sich indes wie an vielen anderen Instituten, etwa der Publizistik an der Uni Wien, finanziell nach der Decke. Die “allerletzten Reserven” sollen ausgeschöpft werden, um Engpässe in den Bereichen Germanistik, Psychologie und Pädagogik zu entschärfen, ließ der Grazer Rektor Alfred Gutschelhofer wissen.

Für Hochschulforscherin Ada Pellert vom Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) ist die universitäre Finanzkrise indes auch ein Indiz dafür, dass “die Frage des Hochschulzugangs virulenter wird, weil die Zulassungsfrage bis heute nicht geklärt ist”.

Wien – An den Universitäten spitzt sich die Lage zu. Die finanzielle Lage der Hochschulen ist so dramatisch, dass sich die Österreichische Rektorenkonferenz (ÖRK) am Mittwoch zu einem Hilferuf an die Regierung veranlasst fühlte. Sofortmaßnahmen seien unumgänglich, heißt es in einer Resolution: “Die ÖRK fordert die Bundesregierung bzw. den Gesetzgeber auf, ein Notprogramm für eine einmalige Investitionsaktion an den Universitäten (Geräteaktion) im Ausmaß von 100 Millionen Euro zu beschließen.” Und zwar “rasch”, präzisierte ÖRK-Präsident Georg Winckler von der Uni Wien.

Die finanzielle Bedeckung der nötigen Investitionen sei 2004 nicht mehr gewährleistet. Diese Investitionsschwäche der Unis erlaube auch keine weitere Umschichtung von Sach- zu Personalaufwendungen. Internationale Konkurrenzfähigkeit setze aber funktionierende Infrastruktur voraus, warnen die Rektoren. Im Budget von Finanzminister Karl-Heinz Grasser gehen die Unis in diesem Bereich übrigens leer aus (Seite 4).

Die Rektoren begründen den Engpass damit, dass die Unis von 1999 bis 2003 einen “Ausfall bei den Investitionsmitteln” in dieser Größenordnung hinnehmen hätten müssen. Der im Zuge der Autonomie fortgeschriebene Budgetposten für Sachaufwendungen stimme nicht mit den tatsächlichen Investitionsaufwendungen der Unis überein.

Keine Übereinstimmung gibt es auch in einer anderen universitären Problemzone: “Absurd” sei der Vorschlag des Rektorats, dem völlig überlaufenen Publizistik-Institut durch “virtuelle” Prüfer aus dem Ausland Linderung des Betreuungsengpasses bei Diplomarbeiten zu verschaffen, sagte Institutsvorstand Wolfgang Langenbucher.

Man sei doch sehr verwundert, schreiben Studienrichtungsvertretung und Institutspersonal in einer Erklärung, dass Rektor Winckler “plötzlich” zwar Geld für je drei Flüge der Gastbetreuer nach Wien auftreiben könne, es aber nicht “zu einer wirklichen Lösung der Probleme einzusetzen gedenkt”. Vorstand Langenbucher ätzte über die “Fernstudienbetreuung: Vielleicht ist das aber in Wahrheit ein Vorschlag zur Sanierung der daniederliegenden europäischen Luftfahrtindustrie.” Strukturelle Probleme könnten nicht durch E-Learning-Experimente gelöst werden.

An der Uni Graz werden indes die “allerletzten Reserven” ausgeschöpft, um Maßnahmen gegen Engpässe in einigen Fakultäten zu finanzieren.

“Rausfrustrier”-Plan

Das Grundproblem liege auf der Hand, sagt Hochschulforscherin Ada Pellert vom Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) im STANDARD-Gespräch. “Die Frage des Hochschulzugangs wird virulenter, weil die Zulassungsfrage bis heute nicht geklärt ist. Österreich glaubt, als einziges Land in Europa, ohne irgendetwas auszukommen, das den Zugang zu den Unis organisiert – sozial verträglich, offen und managbar. Stattdessen werden die Leute rausfrustiert”, kritisiert Pellert und fragt: “Wo ist der Plan dahinter?” Es müsse “zumindest eine bildungspolitische ,Ansage’ für den Uni-Sektor geben. Wir brauchen endlich für die Unis einen Entwicklungsplan, wie es ihn für die Fachhochschulen ja auch gibt.”

Einer von Pellerts Hauptkritikpunkten an der Uni-Politik ist der, “dass die Schwerpunktsetzung den Institutionen überantwortet wird. Notwendig wäre aber eine bildungspolitische Kraftanstrengung auf einer übergeordneten, höheren Ebene.”